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The Matrons - Ausgangssperre für Männer

Aktualisiert: 10. Mai 2019


Ben saß als Letzter im Büro, hatte das Licht auf ein erträgliches Maß gedimmt und lehnte sich in seinem Bürostuhl zurück. Vor ihm auf dem 30-Zoll-Monitor prangte das Foto eines lachenden Jungen, der in die Höhe schaute.

»Okay, Gaston. Das ist das neueste Basisbild des Kunden, richtig?«, fragte er in den Raum hinein.

»Ja, Ben«, schallte es aus dem Monitor. »CloudTec wollte ja jetzt doch einen blonden Jungen und hat heute Morgen diese Version geschickt. Möchtest du die E-Mails noch einmal sehen?«

Ben winkte ab. »Nein, nein, ich glaub dir. Dann leg jetzt bitte ein Bild von einem Regenschirm oben drauf und die Regentropfentextur.«

Das Bild des Kindes veränderte sich, während Ben sich die schmerzenden Nackenmuskeln massierte.

»Ist das so in Ordnung?«, fragte Gaston routiniert. »Ich habe mir erlaubt, den Schirm gleich in CloudTec-Orange einzufärben.«

»Ah, super«, gähnte Ben.



Es klopfte an der Scheibe des Großraumbüros.

Ben winkte die junge, überaus schick gekleidete Frau heran. »Hi, Miriam, da bist du ja!«

»Na, du? Arbeitest du mal wieder viel zu spät am Abend?«, fragte Miriam frech.

»Ben und ich wollten nur noch ein paar Entwürfe fertigstellen, bis du kommst«, erklärte Gaston reuig.

»Hey, Gaston«, lächelte Miriam schwach. »Sollst du nicht eigentlich darauf achten, ob dein Lead müde wird?«

»Wir wollten nur die Zeit nutzen. Aber jetzt können wir ja los!«

»Na dann zieh dich schnell um und ab ins Luna!«, funkelte Miriam.

»Wollten wir nicht ins BassCamp?«, fragte Ben leicht verwirrt. »Das ist doch euer Lieblingsclub.«

»Claudi hat uns Mädels überzeugt, dem Luna noch eine Chance zu geben. Wieso? Waren dir die Damen dort zu schräg?«

Ben stand auf und griff seine Lederjacke. »Ach, nein, die waren schon lecker anzusehen. Vielleicht habe ich ja heute Glück und kann ein paar nette Girls ansprechen.«

Miriams Lächeln verschwand. »Du hast heute noch keine Nachrichten gehört, hm?«

Ben biss sich auf die Lippen. »Lass mich raten ...«.

»Das Urteil von dem Vergewaltigungsprozess ist da«, knirschte sie.

»Schuldig«, sagten sie gemeinsam.

»Die Empfehlung des Richters?«, fragte Ben möglichst ruhig.

»Wir Matronen sollen schon beim ersten Kontakt sicherstellen, dass die Frau-« Sie machte Anführungszeichen in der Luft. »-von sich aus Interesse zeigte. Das war im vorliegenden Fall wohl nicht so sicher und die Matrons des Vergewaltigers haben jeweils Vorstrafen eingetragen bekommen wegen Fahrlässigkeit.«

»Auch nicht so geil«, raunte Ben.

Miriam zuckte mit den Schultern. »Aber fair. Die Damen hatten jemanden mitgenommen, den sie kaum kannten. So war das Matron-Gesetz nie gedacht.«


Gaston, ganz der Gentlebot, schaltete sich dazwischen, bevor ihr Gespräch noch unangenehmer werden konnte. »Was kann ich heute Nacht tun, Ben?«

Ben seufzte. »Mach mir bitte 50 Vorschläge für den Werbespruch, der uns jetzt noch fehlt. Was cleveres, lustiges. An verschiedenen Stellen im Bild. Wir lassen Sie nicht im Regen stehen mit unseren Cloud-Lösungen und sowas. Die Schriftart der Firma verwenden, ist ja klar. Wir sehen uns morgen.«

»Gute Nacht, Ben«, flötete Gaston brav.

»Gute Nacht, Gaston.« Ben leitete seine beste Freundin aus dem Büro, während das Licht gelöscht wurde und alle Drucker und Monitore für die Nacht von der Stromzufuhr gekappt wurden.

»Danke, dass ihr mich trotzdem mitnehmt«, raunte er im Gehen. »Ich hätte es verstanden, wenn ihr die Tage nach dem neuen Urteil erstmal abwarten wollt.«

»Du bist mein bester Freund«, erklärte sie schulterzuckend. »Claudi und die Mädels kennen dich schon ewig. Für uns hat sich heute nichts geändert. Ich weiß, du würdest uns niemals Probleme machen.«

»Auf keinen Fall absichtlich.«

Da kein Gaston hier war, um die Stimmung zu heben, wandte sich Miriam zur Straße und pfiff ein Taxi heran.


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