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#Cockygate: Patent-Skandal in den USA

Aktualisiert: 10. Apr. 2019

Auf Twitter meldeten sich etwa seit Mai 2018 mehr und mehr US-Autoren, die eine Droh-Mail bekommen hatten. Darin gibt die Autorin Faleena Hopkins an, dass sie sich sowohl das Wort “cocky” (“frech”, “großspurig”) als auch ein zugehöriges Geschmacksmuster hat eintragen lassen.

Kurzer Exkurs in das US-Rechtssystem: In den USA ist es möglich, sich beispielsweise das Wort “Apple” als Firmennamen schützen zu lassen. Das geht aber nur deshalb, weil die Produkte und Leistungen dieser Firma nichts mit echten, essbaren Äpfeln zu tun haben. Soweit, so gut.

Käme nun ein Obsthändler daher, der dem gesamten Großhandel bis hin zu jedem Kinder-Verkaufsstand an der Straßenecke die Nutzung des Wortes “Apfel” in Verbindung mit dem Verkauf des Obstes verbieten wollte, so hätte dieser keine Chance, das beim Patentamt durchzubekommen.

EXAKT DAS IST ABER NUN PASSIERT. Diese Autorin hat es geschafft, sich ein im Englischen täglich genutztes Wort schützen zu lassen – und deshalb laufen die Leute dagegen Sturm. Da es auch in anderen Branchen häufiger mal solche Streits gibt, hat sich dafür sogar schon ein eigener Begriff eingebürgert: “trademark bullying” (frei übersetzbar amit “Patent-Mobbing”). Viele Nerds gingen auf die Barrikaden, als Apple sich das sogenannte “slide to unlock” feature auf dem Smartphone patentieren ließ. (In den USA wird scheinbar ERST das Patent eingetragen, und DANN ein Streit vom Zaun gebrochen. Deshalb immer die Aufreger.) Und nur für den Fall, dass Du (als Sci-Fi AutorIn, als DesignerIn oder als Hobby-Grußkarten-MacherIn) glaubst, dieses ganze #Cockygate betreffe Dich nicht: Stell dir mal vor, der nächste lässt sich das Wort “Stern”, “Galaxie”, “heldenhaft” oder “Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag” als Eigentum eintragen. Das wird spaßig. Nicht.

Aber ich will nicht jammern, es gibt auch viel Positives an diesem Skandal: Mittlerweile ist #cockygate (abgeleitet vom watergate-skandal) zu einem geflügelten Begriff geworden. Und der Protest gegen Autorin und Patentamt ist mannigfaltig und kreativ. Es gibt Petitionen gegen das Patent, es gibt Klagen und Gegenklagen, und es wird mit Hilfe einer Anthologie names CockTales auf amazon Geld gesammelt, um die vielen Anwaltsstunden zu bezahlen. Der US-Verband der Romance Autoren hat sich der Sache angenommen und sogar ein scheinbares Original-Transkript einer ersten Gerichtsverhandlung ist aufgetaucht. Alle hoffen nun darauf, dass die amerikanischen Richter genug Weitsicht beweisen, diesen – man möge mir verzeihen – Riesenhaufen Scheisse im Interesse aller Autoren aus dem Weg zu räumen. Bis dato sieht es auch ganz so aus – zum Glück. Denn wer ein bisschen was von Rechtsprechung versteht, der weiß, wie schnell ein Signalurteil geschaffen ist und andere Branchen sich lustig Wörter schützen lassen. Wie wäre es, wenn uns Alexa in 10 Jahren im heimischen Wohnzimmer verwarnt, weil wir das Wort “Kühlschrank” gesagt haben und das Wort mittlerweile Siemens gehört? Oder wenn auf jeder Flasche “bierähnliches Erfrischungsgestränk” steht, weil Licher den Zuspruch an dem Wort “Bier” bekam? Ich glaube nicht, dass sowas im Sinne des Patent-Prinzips wäre. Und cool wäre es schon ganz und gar nicht.

Übrigens halte ich Patent-Mobbing vor allem für eines: für waaaaahnsinnig schlechte PR! Die meisten, die mit dem Thema in Berührung kommen, nehmen exakt eine Lehre für sich selbst mit: Nämlich die, dass sie dieser Autorin, Faleena Hopkins, niemals etwas abkaufen werden. Ganz besonders keines ihrer Bücher! Selbst wenn sie die ganzen Petitionen, Spendenaktionen, Streits danach ausblenden und nichts weiter unternehmen, z.B weil sie selbst gar nicht schreiben und veröffentlichen, das nehmen sie mit. Faleena Hopkins = uncoole, unfaire, raffgierige Mistkröte. Mit sowas verbrennt man sich, seinen Namen und sein Geschäft natürlich nachhaltig. Allerdings glaube ich auch, dass sie (wie wir alle von Zeit zu Zeit) einfach unglaublich blauäugig in etwas hinein gelaufen ist, dessen Folgen sie in ihren wildesten Träumen nicht abschätzen konnte. Insofern tut sie mir sogar ein kleines bisschen leid. Dieses Sentiment hat natürlich keinerlei Einfluss darauf, dass ich auf die Aberkennung ihrer Patente hoffe.

PS: Ich bin natürlich keine Anwältin. Es war auch gar nicht mein Ziel, hier eine Abhandlung über den Fall zu schreiben. Ich wollte nur mal dafür sorgen, dass eine kurze Zusammenfassung des Falls AUF DEUTSCH vorliegt. Ich habe den großen Vorteil, dass ich auf Englisch genauso verhandlungssicher sprechen und schreiben kann wie auf Deutsch, und irgendwem außer mir soll dieser Umstand ja auch was nützen. 📷 Wer mich außerdem schon einmal live erlebt hat, weiß jetzt, woher dieses Zwei-Sprachen-Kauderwelsch kommt, das in meinem Kopf herrscht *hihi*

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